Die Fraktionen der Ampelregierung haben gegen die Stimmen der Unionsfraktion eine tiefgreifende Änderung des Wahlrechts durchgesetzt. Ziel der Reform war es, die Größe des Bundestags auf eine feste Anzahl an Abgeordneten zu begrenzen. Dieses Ziel ist zu begrüßen, jedoch der gewählte Weg fatal!
Die Ampel hat mit ihrer Wahlrechts-reform die Erststimme abgewertet. Bisher war es so, dass mit der Erststimme ein Direktkandidat in jedem Wahlkreis gewählt wurde. Der gewählte Kandidat ist dann in den Bundestag eingezogen und konnte sich dort auch für die Belange des eigenen Wahlkreises stark machen. Ziel war, dass alle Wahlkreise eine direkte Stimme im Bundestag haben und ihre unterschiedlichen Interessen in den Debatten abgebildet werden können.
Die Zweitstimme bestimmt das Mandatsverhältnis der Parteien im Bundestag untereinander. Alle Parteien, die bei der Bundestagswahl über fünf Prozent der abgegebenen Stimmen erhalten, ziehen mit entsprechend vielen Abgeordneten in den Bundestag ein. Eine Sonderregelung hierbei stellte die sogenannte „Grundmandatsklausel“ dar. Nach dieser konnte eine Partei auch in den Bundestag einziehen, wenn sie zwar unter fünf Prozent der Stimmen bekam, aber gleichzeitig mindestens drei Direktmandate gewinnen konnte.
Ziel ist zu begrüßen, aber der gewählte Weg entwertet Wählerstimmen!
Nach dem neuen Wahlrecht sieht nun alles anders aus. Die Erststimme wird weitestgehend entwertet und führt nicht mehr dazu, dass der Kandidat mit den meisten Stimmen in einem Wahlkreis auch wirklich in den Bundestag einzieht. Denn künftig soll es so sein, dass nur so viele direkt gewonnene Wahlkreise in den Bundestag einziehen dürfen, wie auch über die Zweitstimme gedeckt sind. Zusätzlich wurde die Grundmandatsklausel ersatzlos abgeschafft.
Wahlrechtsreform schwächt die Vertretung der Regionen im Bundestag.
Diese Änderungen haben zur Folge, dass es passieren kann, dass ganze Wahlkreise aufgrund der fehlenden Abdeckung durch die Zweitstimmen nicht mehr durch einen direkt gewählten Abgeordneten im Bundestag vertreten sein könnten. Diese Abkehr vom Prinzip des direkt gewählten Abgeordneten ist sehr tiefgreifend und würde viele Tausende Wählerstimmen entwerten.
Streichen der Grundmandatsklausel war überraschend und unnötig.
Dies führt dazu, dass die Verwurzelung der Kandidaten im Wahlkreis abnimmt. Auch das Streichen der Grundmandatsklausel war überraschend und unnötig. Der Fraktionsvorsitzende der Union Friedrich Merz bat kurz vor der Abstimmung nochmals um eine Verschiebung. Doch diese Bitte wurde abgelehnt und eine so tiefgreifende Änderung des Wahlrechts nicht im Konsens mit allen demokratischen Parteien getroffen, was man eigentlich erwarten sollte. Aufgrund der überraschenden Abschaffung der Grundmandatsklausel und der daraus resultierenden Gefahr für die Entwertung so vieler Wählerstimmen hat die CSU angekündigt, dies vom Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen. „Wieso diese Reform jetzt unbedingt so schnell und unkollegial durchgedrückt wurde, kann ich nicht verstehen. Wir waren und sind zu Gesprächen bereit. Vorerst gilt aber noch dringlicher als zuvor: Bei Wahlen immer beide Stimmen für die CSU!“, so Artur Auernhammer dazu.